Das Kündigungsschutzgesetz regelt Ihre Arbeitnehmerrechte
Auch wenn Sie sie schon vorher kommen sahen, schockiert es, sobald sie eintrifft: Die Kündigung. Doch ist sie auch wirklich gerechtfertigt? Sind soziale Kriterien beachtet worden? Hat der Arbeitgeber sie hinreichend begründet? Das allgemeine Kündigungsschutzgesetz setzt Ihrem Arbeitgeber Grenzen.
Drei Wochen Zeit, um den Kündigungsschutz geltend zu machen
Bevor wir auf den Kündigungsschutz näher eingehen, sollten Sie wissen: Der Kündigungsschutz muss aktiv vom Arbeitnehmer in Anspruch genommen werden. Es gilt eine enge Frist, wenn Sie nach Erhalt der Kündigung die Unwirksamkeit geltend machen wollen. Sie haben dafür nicht mehr als drei Wochen Zeit. Innerhalb dieser Frist muss die Klage beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Dies kann auch mündlich zur Niederschrift beim zuständigen Arbeitsgericht selbst geschehen. Maßgeblich für die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts ist der Sitz Ihres Arbeitgebers.
Merke: Eine Klage vor dem Arbeitsgericht wegen einer Kündigung lohnt sich häufig.
Hinweis: Der besondere Kündigungsschutz Neben dem allgemeinen Kündigungsschutz, kennt das Gesetz auch den besonderen Kündigungsschutz. Er gilt für besonders schützenswerte Personengruppen wie
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Welche Voraussetzungen gelten, damit der allgemeine Kündigungsschutz greifen kann?
Der allgemeine Kündigungsschutz besteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis sechs Monate unterschreitet (z. B. Probezeit). Sind Sie länger als sechs Monate in einem Unternehmen beschäftigt, und hat es mehr als zehn Mitarbeiter, gilt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie in Vollzeit oder Teilzeit beschäftigt sind. Das heißt: Auch Minijobber genießen den allgemeinen Kündigungsschutz.
Ausnahme: Bestand das Arbeitsverhältnis schon vor dem 01.01.2004 greift der Kündigungsschutz bereits in Betrieben mit fünf Vollzeitarbeitnehmern.
Kündigung erhalten: Ist sie überhaupt wirksam?
Damit ein Arbeitsverhältnis wirksam vom Arbeitgeber gekündigt wurde, muss die Kündigung einige Voraussetzungen erfüllen.
- Die Kündigung muss schriftlich erfolgt sein. Kündigungen per E-Mail, Fax, E-Postbrief, SMS oder mündlich sind unwirksam.
- Die Kündigungsfrist muss eingehalten worden sein. Ist im Arbeitsvertrag keine Regelung zu den Kündigungsfristen vermerkt, gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB.
- Ist ein Betriebsrat vorhanden, muss dieser angehört werden, bevor die Kündigung erfolgt.
- Eine verhaltensbedingte Kündigung darf nicht unerwartet kommen. Dieser muss vorab eine Abmahnung vorausgegangen sein.
Kündigung erhalten: Ist sie überhaupt sozial gerechtfertigt?
Eine Kündigung ist nur wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. Diese Leitlinie hat enorme Bedeutung für die rechtliche Beurteilung einer Kündigung. Um einem Mitarbeiter kündigen zu dürfen, müssen erhebliche Gründe vorliegen. Dazu zählen personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebliche Gründe. Im Folgenden gehen wir näher auf diese Punkte ein.
Hinweis: Unwirksame Kündigungen Unwirksam sind Kündigungen, die der Arbeitgeber nicht hinreichend begründet. |
Was ist eine personenbedingte Kündigung?
Kann ein Arbeitnehmer seine vertraglichen Leistungen nicht mehr oder nur eingeschränkt erbringen, darf der Arbeitgeber ihm kündigen. Es ist dabei nicht ausschlaggebend, ob der Arbeitnehmer seine Leistung erbringen will. Ausschlaggebend ist, dass er sie nicht erbringen kann. Dabei können äußerst unterschiedliche Gründe vorliegen.
Personenbedingte Kündigung können Arbeitnehmer betreffen,
- die eine Haftstrafe antreten müssen
- deren Arbeitserlaubnis ausläuft
- die ihren Führerschein verlieren (Berufsfahrer, Vertreter etc.)
- die häufig oder lang andauernd krank sind
Schützt Krankheit den Arbeitnehmer vor personenbedingter Kündigung?
Wer krankheitsbedingt seine Tätigkeit über lange Strecken nicht erbringen kann, darf aus personenbedingten Gründen gekündigt werden. Das ist sogar der häufigste Grund für diese Art der Kündigung. Sollte man annehmen, dass eine Erkrankung vor Kündigung schützt, so muss man diese Auffassung tatsächlich revidieren.
Das Kündigungsschutzgesetz schützt den kranken Arbeitnehmer nur eingeschränkt. Verliert ein Arbeitnehmer die Fähigkeit, die vertragsgemäße Arbeit zu erbringen, droht ihm die Kündigung. Häufige Kurzerkrankungen können ebenso zu einer personenbedingten Kündigung führen, wie auch eine langandauernde.
Allerdings muss der Arbeitgeber nachweisen, dass seine betrieblichen Interessen beeinträchtigt sind. Das dürfte die Regel sein, wenn ein Arbeitnehmer nicht einsatzfähig ist.
Auch hier gilt, dass soziale Belange gewahrt sein müssen. Der Arbeitgeber hat also einige Pflichten zu beachten, ehe er krankheitsbedingt kündigt.
Er muss nachweisen,
- dass eine betriebliche Wiedereingliederung versucht wurde und gescheitert ist.
- dass Ihre Gesundheitsprognose negativ ist, die Rückkehr an Ihren Arbeitsplatz also nicht in Sicht.
Hinweis: Attest über die Gesundheitsprognose besorgen Wenn Sie mit einer zeitnahen Besserung Ihres Gesundheitszustands rechnen, lassen Sie sich dies von Ihrem Arzt attestieren und legen Sie das Attest Ihrem Arbeitgeber vor. Versichern Sie ihm, dass Sie alsbald an Ihren Arbeitsplatz zurückkehren wollen. |
Was ist eine verhaltensbedingte Kündigung?
Auch Fehlverhalten am Arbeitsplatz kann zu einer Kündigung führen, der verhaltensbedingten Kündigung. In der Regel werden Verfehlungen im Betrieb angesprochen. Der Arbeitnehmer kann die Hinweise zu seinem Verhalten aufnehmen und es ändern, sofern er sein Fehlverhalten einsieht. Hat er sogar eine Abmahnung bekommen, sind die Alarmglocken eingeläutet, die genauen Ursachen sind ihm genannt. Dann bleibt ihm nichts anderes übrig, als darauf zu reagieren. Macht er das nicht, droht eine verhaltensbedingte Kündigung.
Tatsächlich ist das Feld, das Fehlverhalten definiert, ziemlich weit. Selbst eine „schlechte Arbeitsleistung" wird als Fehlverhalten betrachtet.
Fehlverhalten kann die Nichteinhaltung der Arbeitszeit betreffen:
- häufiges Zuspätkommen, häufiges Überziehen der Pausen, frühes Verlassen des Arbeitsplatzes
- private Erledigungen während der Arbeitszeit, ohne Einverständnis des Vorgesetzten
- wenn er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht vorliegt
- Ausüben einer nicht genehmigten Nebentätigkeit
Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft die Arbeitsleistung. Es wird als Fehlverhalten bewertet, wenn ein Arbeitnehmer
- schlechte Arbeitsleistungen erbringt
- schwerwiegende Fehler macht, die Folgen für den Betrieb haben
Entwendungen, Vortäuschung:
- wenn der Arbeitnehmer Arbeitsmaterial für andere Zwecke benutzt (privat oder für eine Nebentätigkeit)
- eine Erkrankung vortäuscht (selbst die Ankündigung, dies zu tun, kann unangenehme Folgen haben)
Schwer wiegt ein Fehlverhalten, wenn der Arbeitnehmer
- Drogen oder Alkohol während der Arbeitszeit konsumiert
- seinen Arbeitgeber oder Kollegen beleidigt oder sogar tätlich wird
- am Arbeitsplatz stiehlt
- Kollegen oder Vorgesetzte sexuell belästigt
Hier kann eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung ins Haus stehen, insbesondere, wenn Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit Straftaten stehen.
Hinweis: Eine verhaltensbedingte Kündigung führt zu einer Sperre der Arbeitslosengeldzahlung: Das Arbeitsamt interpretiert eine verhaltensbedingte Kündigung als von Ihnen selbst verantwortet. Sie werden für die Zahlung des Arbeitslosengeldes zunächst gesperrt. Unser Tipp: Versuchen Sie, beim Arbeitgeber eine Änderung des Kündigungsgrundes zu erreichen – notfalls mithilfe eines Rechtsanwaltes – um einer Sperrung zu entgehen. |
Eine Kündigung wegen Fehlverhaltens darf nur das letzte Mittel sein
Die Häufigkeit und Schwere des Fehlverhaltens des Arbeitnehmers ist vor Gericht bedeutsam. Hat das Gericht Zweifel, dass die Kündigung sozial gerechtfertigt ist, prüft es, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung tatsächlich nicht zugemutet werden kann. Hat der Arbeitgeber alle Mittel der Weiterbeschäftigung ausgeschöpft, zum Beispiel eine Versetzung in Betracht gezogen? Wäre eine leichtere Tätigkeit möglicherweise eine Lösung? Ist eine Trennung vom Arbeitnehmer entbehrlich? Das Gericht geht diesen Fragen unter Umständen nach.
Was ist eine betriebsbedingte Kündigung?
Der Arbeitgeber kann Mitarbeiter kündigen, wenn der Betrieb des Unternehmens dies notwendig macht. Dafür muss er Ihnen aber überzeugende Gründe vorlegen, für die innerbetriebliche oder außerbetriebliche Ursachen maßgeblich sind. Ein gravierender Auftragsrückgang kann ein solcher Grund sein. Die Schließung einer Abteilung, Outsourcen von Arbeiten, die bislang innerbetrieblich durchgeführt wurden, kann ebenfalls ein zulässiger Kündigungsgrund sein.
Der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer betriebsbedingt kündigt, muss im Falle einer Klage seine Gründe gut belegen. Das Gericht prüft die Fakten auch daraufhin, ob der Arbeitgeber möglicherweise Gründe vorschiebt, um Arbeitnehmer loszuwerden, die ihm unliebsam sind. Eine missbräuchliche Kündigung aus betrieblichen Gründen ist nicht selten.
Hinweis: Beweispflicht des Arbeitgebers Im Kündigungsschutzgesetz heißt es wörtlich: „Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen." |
Betriebsbedingte Kündigung: Schutzwürdige Arbeitnehmer
Zunächst einmal lohnt es sich zu wiederholen, dass eine Kündigung nur das letzte Mittel des Arbeitgebers sein darf, wenn er sich von einem Arbeitnehmer trennen will. Auch im Falle einer betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber prüfen, welche Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung im Betrieb gefunden werden können (z. B. Versetzung).
Will der Arbeitgeber einen Teil der Arbeitnehmerschaft kündigen (z. B. bei Schließung einer Abteilung), ist er in seiner Entscheidung nicht restlos frei. Er muss eine Sozialauswahl treffen, die angemessen ist. Das bedeutet: Er hat schutzwürdige Arbeitnehmer in den Blick zu nehmen. Die entscheidenden Kriterien der Sozialauswahl hängen vom Lebensalter ab sowie
- der Dauer der Betriebszugehörigkeit
- den familiären Verpflichtungen des Arbeitnehmers (z. B. Versorgung von Kindern)
- oder vom Vorliegen einer körperlichen bzw. geistigen Beeinträchtigung.
Empfehlung: Betriebs- oder Personalrat kontaktieren Eine Sozialauswahl findet in der Praxis oft nicht statt. Wenden Sie sich an den Betriebs- oder Personalrat, sofern er vorhanden ist. Melden Sie Ihre Ansprüche an und legen Sie Ihre Verhältnisse dar. |
Nach einer Kündigung: Handeln Sie eine Abfindung aus
Viele Kündigungen sind ungerechtfertigt oder unzulänglich begründet. Sie können formale oder inhaltliche Mängel aufweisen. Häufig sind Kündigungen vorschnell erfolgt, Abmahnungen – etwa bei verhaltensbedingten Kündigungen – hätten vor der Kündigung erfolgen müssen. Es fehlen glaubhafte Bemühungen, den Arbeitnehmer betriebsinterne Alternativen anzubieten.
Es ist eine Vielzahl an Mängeln denkbar, die eine Kündigung enthalten kann und die schließlich einer Prüfung vor Gericht kaum standhalten würde. Es bietet sich an – ehe Sie ein Verfahren beim Arbeitsgericht anstrengen – Ihren Arbeitgeber auf die Mängel in der Kündigung hinzuweisen und eine Abfindung auszuhandeln. Es kann um viel Geld gehen.
Autor: rightmart Rechtsanwaltsgesellschaft mbH |
Veröffentlichungsdatum: 10/2021