Homeoffice: Besteht ein gesetzlicher Anspruch für Arbeitnehmer?

Arbeiten im Homeoffice bedeutet für viele Arbeitnehmer vor allem eines: Zeitgewinn. Dabei lässt längst nicht jeder Arbeitgeber seine Angestellten gerne von zu Hause aus arbeiten. Darf der Chef sich aber querstellen oder gibt es einen gesetzlichen Anspruch? Um diese und andere Fragen geht es in diesem Beitrag.

Homeoffice: Definition und Abgrenzung

Das Arbeiten im Homeoffice gibt es nicht erst seit der Corona-Pandemie – wenn auch diese dazu geführt hat, dass die Heimarbeit sich in vielen Bereichen der Arbeitswelt zunehmend durchsetzt. Hielten sich bis dato auf Seiten zahlreicher Arbeitgeber hartnäckige Zweifel an der Arbeitsmoral ihrer Angestellten im Homeoffice, hat die zeitweise gesetzlich angeordnete Homeoffice-Pflicht die Skeptiker oft eines Besseren belehrt.

Dennoch: Längst nicht alle Betriebe halten am Homeoffice fest. Zahlreiche Arbeitgeber wissen ihre Angestellten vorzugsweise im Büro. Dabei werden auch hybride Arbeitsmodelle vermehrt wahr- und angenommen.

Dabei ist Homeoffice nicht gleich Homeoffice: Es gibt unterschiedliche Modelle für die Arbeit in den eigenen vier Wänden:

  1. Heimbasierte Telearbeit: Angestellte arbeiten ausschließlich von zu Hause aus.
  2. Alternierende Telearbeit: Arbeitnehmer gehen ihrer Tätigkeit teilweise zu Hause, teilweise im Betrieb nach.

Ob bei heimbasierter oder alternierender Telearbeit – die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) regelt, wie Bildschirmarbeitsplätze beschaffen sein müssen. So schreibt die Verordnung etwa vor, dass Arbeitgeber dazu verpflichtet sind, Arbeitnehmern in heimbasierter Telearbeit einen voll ausgestatteten Heimarbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.
 

Mobiles Arbeiten: Arbeitsplatz für unterwegs

Arbeitnehmer, die beruflich bedingt viel unterwegs sind, arbeiten mobil. Wechselnde Einsatzorte und das Pendeln zwischen Kunden und Unternehmen erfordern eine gewisse bzw. absolute Mobilität. Laptop und Mobiltelefon sind ständige Begleiter und immerzu in Betrieb.

Dementsprechend sind Homeoffice und mobiles Arbeiten voneinander zu unterscheiden. Auch findet die ArbStättV keine Anwendung. Nichtsdestotrotz sollten Arbeitgeber die Verordnung nicht gänzlich ignorieren. Immerhin arbeiten Arbeitnehmer auch mobil an Bildschirmen.

Anspruch auf Homeoffice: So lautet das Gesetz

Arbeitnehmer haben keinen gesetzlichen Anspruch aufs Arbeiten im Homeoffice. Diesbezüglich können also keinerlei Forderungen an den Arbeitgeber gestellt werden. Dennoch sind Absprachen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglich, im Arbeitsvertrag festgehalten sind diese dann auch bindend. Wichtig dabei: Neben der einfachen Regelung müssen laut ArbStättV auch die wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer des Homeoffice aufgeführt sein.


 Information: Regelungen im europäischen Ausland

In unseren Nachbarländern gelten andere Regeln: Hier räumen die Gesetzgeber Arbeitnehmern teilweise ein Recht auf Heimarbeit ein.

Allerdings: Das Bundesministerium hat unsere Nachbarländer im Blick – Planungen, auch hierzulande entsprechende Regelungen einzuführen, stehen an. Wann es so weit sein wird, bleibt zu spekulieren. Bis dahin haben Arbeitgeber volles Weisungsrecht, wenn es um den Ort geht, an dem Arbeitnehmer ihre Tätigkeiten zu verrichten haben.


Homeoffice auf Anordnung – dürfen Arbeitgeber das?

Arbeitgeber können Homeoffice nur anordnen, wenn der Arbeitsvertrag eine Regelung dazu bereithält. Andernfalls können Arbeitnehmer die Arbeit von zu Hause aus verweigern. Eine Kündigung müssen sie dabei nicht befürchten. Der Grund: Auch wenn der Arbeitgeber seinen Angestellten gegenüber ein Weisungsrecht hat, handelt es sich nicht um Arbeitsverweigerung.

Das Arbeiten im Homeoffice unterscheidet sich grundlegend von der Arbeit im Betrieb. Daraus ergibt sich, dass der Arbeitgeber nicht allein darüber bestimmen kann, dass Arbeitnehmer fortan ins Homeoffice versetzt werden. Und selbst wenn Arbeitgeber im Sinne des Weisungsrechts handeln würden: Sie müssen stets in billigem Ermessen entscheiden und die Interessen ihrer Arbeitnehmer berücksichtigen.

Arbeitgeber vom Homeoffice überzeugen: So gelingt’s

Gute Argumente sind die halbe Miete! Denn: Das Arbeiten im Homeoffice bringt auch Arbeitgebern Vorteile – wenn auch erst auf den zweiten Blick. Zu nennen sind hier vor allem:

  • gelassenere Arbeitnehmer (Zeitnot und Stress in Verbindung mit Arbeitsweg entfallen)
  • gesteigerte Produktivität (Stress wirkt nicht mehr nach; Arbeitnehmer sind schneller einsatzbereit)
  • verbesserte Leistungsfähigkeit (Konzentrationsfähigkeit steigt aufgrund fehlender Lärmpegel oder Ablenkung durch andere Mitarbeitende)
  • gesteigerte Mitarbeiterzufriedenheit (Arbeiten im Homeoffice ist beliebt; Bewilligung bzw. die Option auf Homeoffice sorgt für zufriedenere Arbeitnehmer)
  • Kostenersparnis (Energie, Papier, Büroräume – Einsparpotenziale sind vorhanden)

Rechte und Pflichten im Homeoffice: Was gilt?

Arbeitnehmer sind dazu verpflichtet, ihre vertraglich festgehaltenen Leistungen zu erbringen. Daran ändert das Arbeiten im Homeoffice nichts. Doch wer muss das entsprechende Equipment stellen?

Wichtig in dem Kontext ist: Geltende Regelungen zum Arbeitsschutz müssen eingehalten werden. Die gesetzlichen Grundlagen finden sich in § 3 und § 4 des Arbeitsschutzgesetzes. Hierin sind die Anforderungen an die Gestaltung der Arbeit und Arbeitsabläufe vorgegeben – die Arbeitsstättenverordnung ist eine wichtige Säule.

Arbeitsstättenverordnung: Pflichten für Arbeitgeber

Arbeitgeber sind grundsätzlich dazu verpflichtet, für die Sicherheit und Gesundheit aller Mitarbeiter zu sorgen und entsprechende Maßnahmen bzgl. Arbeitsschutz zu treffen. Das geht aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsstättenverordnung hervor.

Zudem muss der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung (§§ 5 und 6 Arbeitsschutzgesetz) durchführen. Das bedeutet: Er muss potenzielle Gefährdungen, die bspw. von der Nutzung bestimmter Arbeitsmittel oder der Arbeitsumgebung ausgehen, berücksichtigen. Um ein Beispiel zu nennen: Arbeitgeber müssen bei Bildschirmarbeitsplätzen die Bildschirmarbeitsverordnung beachten.

Kostenfaktor: Wer muss die Ausstattung bezahlen?

Die Ausstattung am Heimarbeitsplatz unterscheidet sich in der Regel kaum von der im Büro:

  • Laptop
  • Telefon bzw. Handy
  • Bildschirm(e)

Dementsprechend sind diese Arbeitsmittel auch vom Arbeitgeber zu stellen. Bei ggf. anfallenden Mieten hängt eine Kostenübernahme hier vom Einzelfall ab. Dabei hat das Bundesarbeitsgericht in der Vergangenheit festgestellt: Ist bei einem Beruf üblich, dass der Arbeitnehmer (teilweise) von zu Hause aus arbeitet, muss die private Wohnung ggf. kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.


 Information: Kein Anspruch bei freier Wahl des Arbeitsplatzes

Ist es Arbeitnehmern selbst überlassen, ob sie im Büro oder zu Hause arbeiten wollen, besteht kein Anspruch auf Übernahme der Mietkosten.

Eine Kostenpauschale wird indes fällig, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund überwiegender Homeoffice-Arbeit im Unternehmen kein Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Arbeitgeber müssen dann anteilige Kosten für die Nutzung und Energiekosten zahlen.


Arbeitszeit: Zeiterfassung, Überstunden, Pausen- und Ruhezeiten

Das Arbeitszeitgesetz gilt auch im Homeoffice. Demnach dürften Arbeitnehmer nicht länger als acht Stunden am Tag arbeiten – bei hohem Arbeitspensum sind in Ausnahmefällen bis zu zehn Stunden legitim. Allerdings müssen eventuelle Mehrstunden innerhalb der nächsten sechs Monate ausgeglichen werden. Für die Zeiterfassung sind Arbeitnehmer dabei oftmals selbst verantwortlich, allerdings auch dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber die Zeitdokumentationen vorzulegen.

Bei einer täglichen Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf 30 Minuten Pause – das ist im Homeoffice nicht anders. Wer länger als neun Stunden arbeitet, dem stehen 45 Minuten Pause zu. Dabei ist aber auch die Ruhezeit zu berücksichtigen. Die legt fest, wie viel Zeit zwischen dem Ende eines Arbeitstages und dem Beginn des neuen liegen muss: in Deutschland sind das elf Stunden.


 Information: Abweichung von der Ruhezeit

Kann die Ruhezeit an einem Tag nicht eingehalten werden, muss sie an einem anderen zum Ausgleich länger ausfallen. Und das muss innerhalb eines Kalendermonats bzw. binnen vier Wochen erfolgen.


Krank im Homeoffice: Muss trotzdem gearbeitet werden?

Arbeitgeber können von kranken Arbeitnehmern nicht verlangen, dass sie von zu Hause aus arbeiten. Entscheidend dabei ist aber auch, dass sich angeschlagene Arbeitnehmer richtig krankmelden. Ein Arztbesuch mit entsprechender Bescheinigung ist also unerlässlich.

In besonderen Ausnahmefällen – etwa bei einem wichtigen Projekt – können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Krankheitsfall mindestens auf eine reduzierte bzw. angepasste Arbeitszeit im Homeoffice als Notlösung einigen.

Erreichbarkeit: Sind Bürozeiten gleich Homeoffice-Zeiten?

Bei der Erreichbarkeit sollte zwischen Büro und Homeoffice nicht unterschieden werden. Das bedeutet: Arbeitnehmer sollten während ihrer Arbeitszeit im Homeoffice ebenso für Kollegen, Kunden, Vorgesetzte und Co. erreichbar sein, wie auch im Büro.

Eine ständige Erreichbarkeit können Arbeitgeber hingegen nicht verlangen. Ist die tägliche Arbeitszeit erfüllt, beginnt die Freizeit. Arbeitnehmer tun dennoch gut daran, Rücksprache mit dem Arbeitgeber zu halten, um eventuelle Probleme zu vermeiden.

Besuch vom Chef im Homeoffice: Ist das legitim?

Um Standards, die sich aus der Arbeitsstättenverordnung ergeben, erfüllen zu können, müssen sich Arbeitgeber genau genommen ein Bild von der Beschaffenheit des Heimarbeitsplatzes machen können. Das dient der Feststellung, ob der Arbeitsplatz überhaupt zum Arbeiten geeignet ist.

Unangemeldet vor der Tür stehen, ist allerdings tabu. Auch hier sollten beide Parteien eine Regelung treffen, wann der Arbeitgeber zwecks Überprüfung auf Vorgaben des vorhandenen Arbeitsschutzes vorbeischauen darf.

Homeoffice und Steuervorteile: Ist Absetzung möglich?

Arbeitnehmer müssen strenge Voraussetzungen erfüllen, um ein Arbeitszimmer von der Steuer absetzen zu können. Ein Schlüsselwort in dem Kontext ist: Arbeitszimmer. Haben Arbeitnehmer einfach eine Ecke ihres Wohnzimmers zum Büro umfunktioniert, kann nicht von einem Arbeitszimmer gesprochen werden – steuerlich gibt es demzufolge nichts abzusetzen.

Bildet das Arbeitszimmer hingegen den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit, können anfallende Kosten abgesetzt werden. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass im Betrieb selbst kein Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Steuerliche Vorteile ergeben sich auch, wenn das Arbeitszimmer für Arbeitgeber den Mittelpunkt der betrieblichen Tätigkeiten bildet. In dem Fall sind anfallende Kosten uneingeschränkt absetzbar.

Um das zu verdeutlichen, zwei Beispiele:

  1. Lehrer haben in der Regel keinen Schreibtisch in der Schule, an dem sie Klassenarbeiten korrigieren oder Unterrichtsstunden vorbereiten können. Das wird im Homeoffice erledigt. Da der Tätigkeitsschwerpunkt außerhalb des Arbeitszimmers liegt, können lediglich Werbungskosten bis zu 1.250 EUR geltend gemacht werden.
  2. Selbstständige wie freie Journalisten oder Schriftsteller sind auf ein Büro angewiesen. Das befindet sich in aller Regel in den eigenen vier Wänden und bildet den absoluten Mittelpunkt der Tätigkeit. Somit können auch die vollen Kosten steuerlich abgesetzt werden.

 Information: Homeoffice-Pauschale durch Corona seit 2020

Pandemiebedingt hat sich für viele Arbeitnehmer der Arbeitsplatz nach Hause verlegt. Der Gesetzgeber hat reagiert und räumt Betroffenen eine Homeoffice-Pauschale von maximal 600 EUR jährlich ein.


Datenschutz und Betriebsgeheimnisse: Was ist zu beachten?

Ob Arbeitgeber besondere Maßnahmen zum Schutz von Daten und Betriebsgeheimnissen treffen müssen, hängt maßgeblich davon ab, welche Daten und Geheimnisse mit nach Hause genommen werden dürfen, um mit diesen zu arbeiten. Arbeitgeberseitig sind hier Vorgaben zu treffen, welche Daten mit nach Hause genommen werden dürfen.

Auch die Anordnung technischer Maßnahmen ist legitim – in Form von Verschlüsselung oder der Nutzungspflicht eines VPNs (Virtual Private Network).

Unfall im Homeoffice: Was rechtlich gilt

Auch bei der Arbeit im Homeoffice greift die gesetzliche Unfallversicherung. Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitnehmer auch tatsächlich für das Unternehmen arbeitet. Soll heißen: Wer in der Arbeitszeit Wäsche aufhängt und sich dabei verletzt, ist nicht versichert. Stolpert ein Arbeitgeber hingegen beim Gang zum Drucker und zieht sich dabei eine Verletzung zu, ist der Gang zum Drucker als Arbeitsunfall einzustufen und somit versichert.

Homeoffice: Hat der Vermieter Mitspracherecht?

Grundsätzlich ist die gewerbliche Nutzung einer privaten Mietwohnung nicht erlaubt. Da sich die Tätigkeiten im Homeoffice – telefonieren, Arbeiten am Rechner – jedoch im Rahmen der vertragsmäßigen Nutzung einer Wohnung bewegen, haben Vermieter hier kein Mitspracherecht. Er muss weder seine Zustimmung geben, noch kann er derlei Tätigkeiten verbieten.

Anders verhält es sich, wenn Arbeitnehmer Kunden in den eigenen vier Wänden empfangen. Hier wird das Einverständnis des Vermieters vorausgesetzt. Auch kann in dem Fall ein Aufschlag auf die Miete verlangt werden. Der liegt in der stärkeren Abnutzung der Mietsache begründet. Kommt es durch die beruflichen Tätigkeiten indes zu einer gewissen Lärmentwicklung, kann er diese auch untersagen.

Autor: rightmart Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

 

Veröffentlichungsdatum: 02/2023