Grenzstreitigkeiten mit Nachbarn – was tun?

 

Grenzstreitigkeiten mit Nachbarn – was tun?

Wenn der Frieden im Wohnumfeld gestört ist, sind häufig Grenzstreitigkeiten mit dem Nachbarn die Ursache. Meistens kennen die Partien ihre Rechte nicht ausreichend, obwohl gesetzliche Vorgaben und regionale Vorschriften eine klare Regelung möglich machen.

Eigentümerbefugnisse – eine Gesetzesgrundlage

Die laute Musik aus der Nachbarwohnung oder ein Obstbaum, der die Grundstücksgrenze überwächst – Streit mit den Nachbarn sind keine Seltenheit.

Grundstückseigentümer haben laut § 903 BGB freie Hand und können auf ihrem Eigentum nach Belieben verfahren. Andere Beteiligte sind hier von der Einwirkung erstmal ausgeschlossen. Die Definition des Grundstücks betrifft laut § 903 BGB ebenso den Luftraum über der Oberfläche sowie den Erdkörper unter der Oberfläche des Eigentums.

Klar ist aber auch, dass Grundstückseigentümer nicht das Gesetz brechen oder die Rechte Dritte beschneiden dürfen. Genau diese Schnittstelle ist häufig ursächlich für die Grenzstreitigkeiten in der Nachbarschaft.

Wie definieren sich die Grundstücksgrenzen?

Grundstücksgrenzen sind nicht nur Einzeichnungen in Grundrissen oder Vermessungsunterlagen, aus denen die Fläche Ihres Eigentums bestimmt wird, sie sind gleichzeitig eine rechtliche bindende Eingrenzung.

Im BGB sind Vorgaben zum Grenzrecht nur grob geregelt, die Rechtmäßigkeit von z.B. baulichen Maßnahmen wird durch Vorschriften der Bundesländer und Kommunen differenziert. Eine Rolle spielen dabei unter anderem:

  • Grenzabstände beim Hausbau
  • Abstände für Zäune, Sichtschutzwände und Pflanzen
  • Das Recht auf Fenster und Licht
  1. Regelungen zum Grenzüberbau

Grenzstreitigkeiten lieber vermeiden als klagen

Bevor es zu einer Eskalation kommt, sollten Sie Ihre eigene Lage überprüfen. Ist das Recht auf der Seite Ihres Nachbarn, wenn er das Stutzen einer Hecke fordert oder sind Sie im Recht? Ein Abklopfen der Rechtslage kann Grenzstreitigkeiten mit dem Nachbarn im Keim ersticken, bevor es zu einer Zuspitzung und im Zweifel zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kommt.

Wie wissen, was erlaubt ist?

Wie hoch ein Anbau sein und wie nah er an das Nachbargrundstück reichen darf, erfahren Sie bei Ihrer Kommune. Nur im Rahmen der kommunalen Vorgaben dürfen geschlossene Bauteile errichtet werden. Dies setzt allerdings voraus, dass die Rechte des Nachbarn, wie z.B. sein Recht auf Licht, nicht beschnitten werden.

 Beispiel: Suchen Sie in den Dialog mit Ihrem Nachbarn

Zum Beispiel erlaubt Ihre Kommune das Errichten eines zwei Meter hohen Sichtschutzes. Dieser führt bei einem Haus am Hang dazu, dass das Lichtrecht Ihres Nachbarn beschnitten wird. Obwohl Sie im Recht wären, ist hierbei ein nachbarliches Gespräch im Voraus häufig zielführender und beugt Grenzstreitigkeiten mit Ihrem Nachbarn vor. 

Keine friedliche Einigung möglich – was jetzt?

Zeigt sich Ihr Nachbar nicht kompromissbereit, weil er sich in seinen Grenzrechten benachteiligt fühlt, ist es wichtig, dass Sie sich mit der Rechtslage und möglichen Rechtsfolgen auseinandersetzen. Hier ist das Konsultieren eines Rechtsanwaltes häufig hilfreich. Teilen Sie Ihrem Nachbar mit, dass Sie sich im Recht befinden. Beharrt er dennoch auf seinem Standpunkt, sollten Sie einen Mediator hinzuziehen, der die Lage objektiv klärt.

 Tipp: Vermeiden Sie den nachbarlichen Grenzstreit

Ist eine Klärung im Dialog weiterhin nicht möglich, bleibt der Klageweg. Bedenken Sie allerdings, dass dies die Streitigkeiten nicht immer beendet, sondern auch befeuern kann.

Überbau vom Nachbarn – was kann ich tun?

Häufig aus Versehen, manchmal mit Kalkül: Wenn die bauliche Maßnahme Ihres Nachbarn die Grundstücksgrenzen überschreitet, können Sie in den meistens rechtlich dagegen vorgehen.

 Hinweis: Handeln Sie sofort bei Feststellung

Bemerken Sie die Überbauung Ihres Grundstücks, haben Sie ein Recht auf Widerspruch. Ein Handeln sollte allerdings nicht erst bei Abschluss der baulichen Maßnahme erfolgen, sondern unmittelbar, wenn das Ausmaß der Grenzverletzung für Sie festzustellen ist. Ansonsten kann Ihr Recht auf Rückbau erlöschen. 

Duldung bei wirtschaftlicher Härte – was bedeutet das?

Sollte dem Nachbarn durch die Beseitigung seines Überbaus ein unverhältnismäßig großer finanzieller Schaden entstehen, greift §§ 912 ff. BGB. Hier wird geregelt, dass in diesem Falle ein gerechter Interessenausgleich zwischen Ihnen und Ihrem Nachbarn getroffen werden soll. Auch eine Duldung des Überbaus kann im Einzelfall die Folge sein, wenn Sie nicht sofort Widerspruch erhoben haben.

Fahrlässiges Handeln des Nachbarn – was tun?

Wenn Ihr Nachbar es versäumt hat, sich vor der baulichen Maßnahme von fachlich geschulter Stelle über die Möglichkeit von Grenzverletzungen zu erkundigen, handelt er bereits fahrlässig. Fahrlässigkeit ist hierbei kein Entschuldigungsgrund, kann aber dazu führen, dass Ihr Nachbar seine Baumaßnahme zurückbauen muss.

Grenzsteine als Grundstücksmarkierungen

Grenzsteine sind als Mittel der Grundstücksmarkierungen seit jeher und auch noch immer eine anerkannte rechtliche Kennzeichnung. Diese darf allerdings nur ein öffentlich bestellter Vermessungsingenieur setzen. Jeder der Grenzsteine unbefugt verändert oder zerstört macht sich strafbar, da die Abmarkung eines Grundstücks ein Verwaltungsakt ist.

Wenn die Grenze wegen Streitigkeiten neu vermessen oder festgelegt werden muss, werden die Kosten von allen Parteien zu gleichen Teilen getragen, dies ist im § 919 BGB geregelt. 

Bäume als Grenzmarkierung – die Rechtsgrundlage

Gerade in ländlichen Gebieten oder bei älteren Anwesen kommt es vor, Bäume oder große Sträucher auf den Grundstücksgrenzen stehen. Ganz gleich, ob es sich um absichtlich gesetzte Grenzbäume handelt oder nicht, zählen Sie als gemeinsames Eigentum der Grenzparteien. Der Baum wird hier als vertikales Eigentum bezeichnet und zielt auf die Grundstückszugehörigkeit des Baumteils ab.

Nicht nur das Eigentum liegt anteilig bei die Grenznachbarn, sondern auch Pflichten und damit zusammenhängende Kosten werden auf die Nachbarn aufgeteilt, wie z.B. bei Erhaltungsmaßnahmen, Pflege oder Fällung.

Soll ein Grenzbaum gefällt werden, ist dies nur dann möglich, wenn dieser durch einen Grenzstein ersetzt wird.

Vorteile und Probleme einer gemeinsamen Grenzwand

Aus platzsparenden Gründen werden viele Neubauten mit Hilfe einer Grenzwand in geschlossener Bauweise errichtet. Dies kann sich zunächst als praktisch erweisen, bietet doch im Laufe der Jahre Zündstoff für Grenzstreitigkeiten mit Ihren Nachbarn – häufig dann, wenn ein neuer Nachbar in eines der anliegenden Häuser einzieht.

Grenzwand oder Nachbarwand – wo ist der Unterschied?

Nach dem Nachbarschaftsrecht ist eine Abschlusswand, die unmittelbar an der Grenze zum nachbarlichen Grundstück errichtet wurde, eine Grenzwand. Steht eine gemeinsame Wand genau auf der Grenze, handelt es sich um eine Nachbarwand.

Wenn Sie eine Nachbarwand oder eine Grenzwand errichten möchten, gelten die Vorschriften aus dem Landesrecht. In der Regel müssen sich alle Eigentümer der betreffenden Grundstücke mit der Errichtung einer solchen Wand einverstanden erklären.

Autor: rightmart Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

 

Veröffentlichungsdatum: 12/2021